E-Government im Vereinigten Königreich

Der Umzug ins Ausland bedeutet immer einen großen administrativen Aufwand. Als ich dies für April 2021 plante, die Corona-Krise inklusive Lockdown noch im vollen Gange, war mir bereits klar, dass die Abmeldungen in Deutschland eine Menge Behördengänge und Unmengen an Papierkram bedeuten würden. Was mich allerdings im Vereinigten Königreich, oder genauer in meiner neuen Wahlheimat London, erwarten würde war für mich noch nicht einschätzbar. 

In England beginnt die Registrierung in der Regel mit der Eingabe der Adresse, welche über die Eingabe der Postleizahl ermittelt werden kann. Nur die Hausnummer muss dann in einem Drop Down Menu ausgewählt werden. Dies ist unkompliziert, schnell und verhindert vor allem Fehler. Außerdem macht die Postleitzahl verbunden mit dem vollen Namen die genaue Zuweisung sehr einfach. Die Verifizierung findet im nächsten Schritt über die App der jeweiligen Behörde statt. Man wird gebeten ein Ausweisdokument abzufotografieren und im nächsten Schritt eine eingeblendete Zahlenreihe in die Kamera zu sprechen. Nach einigen Minuten erhält man dann die Bestätigung oder Ablehnung und kann sich dann entsprechend einloggen oder wird gebeten den Prozess zu wiederholen. Auch das Gesundheitssystem, welches im Vereinigten Königreich staatlich ist, funktioniert ähnlich. Man bekommt dort allerdings eine zusätzliche Nummer zugewiesen (National Insurance Number), die sich dann der einzelnen Person klar zuweisen lässt. Hat man diese nicht zur Hand, reicht die Adresse und der volle Name wie auch bei anderen Behörden aus. So war es mir zum Beispiel möglich trotz noch nicht generierter National Insurance Number meinen Impftermin wahrzunehmen. 

Ich war immer wieder überrascht, wie unkompliziert die virtuellen Behördengänge in England funktionierten und wie digitalisiert das Gesundheitssystem agiert. Die ständige Diskussion über das Thema Datenschutz, wie ich es aus Deutschland kenne, ist kein Thema: Das Konzept ist durchdacht, nach meinem Empfinden gibt es auch weniger Bedenken. Anmeldung, Log-In und der Datenaustausch zwischen verschiedenen Stellen waren so unkompliziert. In Deutschland hingegen versuche ich vor allem immer der Flut an Anschreiben entgegenzuarbeiten und war oft mehr Zeit mit sortieren und abheften als den tatsächlichen Inhalten beschäftigt. Hierzu kommen die Ressourcen, die benötigt werden um diese Anschreiben zu produzieren und verschicken sowie der Müll der dadurch entsteht. Während ich in den ersten 3 Monaten in London gerade einmal 4 Briefe mit jeweils einer Seite von Behörden oder Versicherungen erhielt, hatte ich in Deutschland zu diesem Zeitpunkt bereits über 20 Briefe mit zum Teil 5 oder mehr Blättern erhalten. Meist war nur die erste Seite relevant und so wurde der Rest meistens eher überflogen als wirklich gelesen. 


Abschließend kann ich sagen, dass ich es als sehr angenehm empfinde, nicht auf Öffnungszeiten angewiesen zu sein und viele Informationen gebündelt online abrufen zu können statt Leitzordner prall gefüllt mit den Unterlagen verschiedenster Behörden zu anzulegen. Angst vor dem Datenklau empfinde ich nicht, da jeder Log-In scheitert, sobald die Angaben nicht zu 100% übereinstimmten. Die Verifizierung mit einem offiziellen Ausweisdokument über Kamera macht den Identitätsklau zusätzlich schwer, ich musste diesen selber bereits wiederholen um mich einloggen zu können. 

London, September 2021

Amanda Ferreira Guimamares-Boll